Der zerlegt angelieferte Motor des Rover P2 von 1946 zeigte extremen Verschleiß und Korrosion an allen Bauteilen.
Unser Kunde informierte uns über die sehr schwierige Ersatzteilversorgung für das Fahrzeug. Unsere eigene Recherche konnte die Informationen des Kunden nur bestätigen. Die Recherche brachte noch zutage, dass es von diesem Fahrzeug noch 25 auf der Welt geben soll und davon nur noch ca. 10 rollen. Alles deutet auf eine sehr schwierige Ersatzteilversorgung hin.
Bei der Ausrichtung der Instandsetzung soll der Wunsch nach mehr Drehmoment zur Bewegung des schweren Fahrzeuges verwirklicht werden.
ein kleiner Überblick über den Anlieferungszustand:
Zylinderkopf mit Saugrohr u. Krümmer
Einblicke in die Wasserkanäle des Motorblocks
die Ölwanne
Zylinderkopf
Nach der Demontage des Saugrohrs und des Abgaskrümmers konnten wir weiter ins Detail vordringen. Alle Bestandteile des Ventiltriebes zeigten die Spuren von über 60 Jahren Einsatz. Viele Ventilfedern waren gebrochen oder verbogen, Ventilschäfte waren verschlissen, Ventilführungen waren ausgeschlagen, die Kipphebelwelle war total eingelaufen, die Gleitflächen der Kipphebel tief eingeschlagen usw.
Da keinerlei Ersatzteile verfügbar sind, mussten Alternativen gefunden werden.
Ventile: Durch Umstellung auf metrische Schaftdurchmesser, können die Ventile in hochwertigen modernen Werkstoffen ausgeführt werden, die einen problemlosen Bleifreibetrieb sicherstellen. Ein- und Auslaßventil wurden 1 mm größer gewählt und der Schaftdurchmesser beträgt jetzt 7 mm. Selbstverständlich bedingt dieser Schritt auch die Verwendung neuer Ventilkegelstücke mit neuen Federtellern. Entsprechend der neuen Ventilschäfte wurden Bronzeventilführungen angefertigt, die zur Aufnahmen von Schaftabdichtungen vorgerichtet sind. Die Ventilführungen für die Einlaßkanäle wurden kanalseitig besonders schlank ausgeführt um einen möglichst großen freien Kanalquerschnitt zu erzielen. Die Ventilsitze wurden auf unserer modernen Sitzfräsmaschine dem größeren Ventildurchmesser entsprechend bearbeitet und mit Hilfe eines Innenkorrekturwinkels ströhmungsgünstig an den Kanalverlauf angepasst. Im weiteren Verlauf wurde der Kanal noch von groben Gußfehlern befreit.
Federn: nach Vermessung der wenigen noch funktionstüchtigen Federn konnte eine moderne Einfachfedern ausgewählt werden, um die alten Doppelfedern zu ersetzen. Entsprechend der Federdurchmesser und der zu verwendenenden Ventilkegelstücke wurden die Federteller angefertig.
Kipphebelwelle: aus Rohmaterial wurde die Welle vorgedeht, die Querbohrungen zur Ölversorgung der Kipphebel gebohrt, die Welle auf Maß geschliffen, hohl gebohrt und anschließend gehärtet.
Kipphebel: die alten Lagerbüchsen wurden entfernt, die Radien der Gleitflächen wurden auf unsere speziell für diese Arbeiten entwickelten Maschine neu geschliffen, die Hebel gehärtet und anschließend mit neu angefertigten Lagerbüchsen versehen. Die original verwendeten Federn zur axialen Führung der Kipphebel, wurden durch Aluminiumbüchsen mit Stahlanlaufschieben ersetzt.
Ventile:
die alten Ventile
die neuen Ventile
links: kanalseitig stark verwüngte IN-Ventilführung. ganz rechts leicht gekürzte EX-Ventilführng.
ursprünglicher Einlaßkanal mit der alten Ventilführung
vorbearbeiteter Einlaßkanal mit schlanker Ventilführung
Ventilführungen mit Schaftabdichtungen
Ventilfederaufbau:
gebrochene und verbogene Ventilfedern
alter Federaufbau
neuer Aufbau mit einfachfedern u. neuen Federtellern
Kipphebelwelle:
extrem eingelaufene Kipphebelwelle
hohlbohren der neuen Kipphebelwelle
rundschleifen der neuen Kipphebelwelle
Kipphebel:
Lagerbüchse ausgepreßt
eingeschlagegen Gleitfläche am Kipphebel
neu geschliffene Gleitfläche
Ventiltrieb gesamt:
Kurbeltrieb
Der Motorblock mit allen Bestandteilen stellte eine besondere Herausforderung dar.
die Kurbelwelle war an allen Hauptlagern stark verschlissen und es sind keinerlei Lager für diesen Motor verfügbar.
alle Pleuellagerzapfen waren stark verschlissen. Hierfür sind ebenfalls keine Lager verfügbar.
für die vorhandenen Kolben sind keine Übergrößen verfügbar. Da die Abmessungen sehr ungewöhnlich sind, liess sich auch keine Umstellung auf ähnliche Kolben realisieren.
die Kettenräder des Stirnradtriebes waren bis zum Zahnausfall verschlissen
die vordere u. hintere Kurbelwellenabdichtung war nur noch in Fragmenten zu erkennen.
die Nockenwelle war an den Nocken und an den Lagerstellen stark beschädigt. Die Lagerstellen im Gehäuse sahen entsprechend aus.
Ein grundlegender Neuaufbau des Triebwerks stand an.
Nach Ermittlung der relevanter Abmessungen für die Hauptlager, wurden alle Lagerhersteller auf die Verfügbarkeit gebrauchbarer Lager überprüft. Es stellte sich ein Lagervariante heraus, die jedoch eine aufwenige Anpassung verlangte. Die Hauptlagergasse mußte gebohrt werden, Ölversorgungsbohrungen u. Schmiernuten mußten geändert werden. Selbstverständlich mußte die Kurbelwelle auf entsprechendes Maß geschliffen werden.
stark eingelaufener Hauptlagerzapfen
geschliffener Hauptlagerzapfen
die Hauptlagergasse ist gebohrt und die neuen Hauptlager sind eingelegt
Kolben und Pleuel:
Um eine größere Gestaltungsfreiheit für die Kolbenauswahl zu haben und gleichzeitig auf aktuell lieferbare Pleuellager umsteigen zu können, entschieden wir uns neue Pleuel anfertigen zu lassen. Heutige Kolben werden mit erheblich geringeren Kompressionshöhe und stabileren Kolbenbolzen ausgeführt. Um auch in dieser Hinsicht moderne Wege einschlagen zu können, sollten die Pleuel länger ausgeführt werden. Bei der Auslegung der Pleuel mußte eine Simulationsrechnung erfolgen, um die Freigängigkeit der längeren Pleuel im Kurbelgehäuse zu überprüfen. Der Aufwand lohnt sich!
die Pleuel sind leichter, stabiler und mit ARP -Schrauben ausgerüstet
modernen Mahle Regelkolben können mit wesentlich geringerem Laufspiel betrieben werden als die alten ungeregelten Schlitzmantelkolben. Dies führt zu einem leiseren Motorlauf.
die neuen Kolben sind trotz 1,5mm größerem Durchmesser und über 2mm stärkerem Kolbenbolzen 35Gramm leichter als die Alten. Weiterhin verringert die moderne Ringbestückung die Reibleistung und hält den Ölverbrauch für lange Zeit auf geringem Niveau.
altes Pleuel im Vergleich zum angefertigten Neuteil
der alte Kolben mit 4 Ringen
alter u. neuer Kolben im Vergleich
Wiederherstellung des Nockenwellenkettenrades:
Glücklicherweise arbeiten wir sehr viel an alten engl. Motoren und erkannten die Ähnlichkeit des Zahnrades mit dem eines anderen Herstellers. Durchmesser, Breite und Zahnteilung waren identisch. Es mußte also nur noch die Aufnahme des Zahnrades auf die Nockenwelle und das Ölfangblech umgebaut werden. Das alte Innenleben des Zahnrades wurde ausgedreht und eine neue Wellenaufnahme angefertigt und im Zahnrad befestigt.
Nockenwellenkettenrad im Urzustand
Zahnausfall!!
Rohteil zur Wiederherstellung des Kettenrades
Ölfangblech entfernt
Anprobe des Kettenrades mit angefertigter Aufnahme
Nockenwellenkettenrad mit Ölfangblech
Kettenrad auf der Kurbelwelle
der Zustand des Kettenrades war ähnlich wie der des Rades auf der Nockenwelle. Wieder wurden wir im Fundus ähnlicher engl. Motoren fündig. Die beiden Kettenräder auf unserem Fund hatten die gleiche Zahnteilung, Durchmesser und Abstand der Zahnräder zueinander. An der Aufnahmen mußte jedoch Einiges geändert werden. Die Paßfedernut, der Innendurchmesser, die Breite….alles mußte angepaßt werden.
ursprüngliches Kettenrad auf der Kurbelwelle
Bearbeitung des Ketterades
fertig zum Einsatz
hintere Kurbelwellenabdichtung:
Auf dem Zapfen der Schwungradaufnahme war ein Blechring aufgepreßt, der im hinteren Aluminiumgehhäusedeckel gegen Ölaustritt abdichten sollte. Mit dem verbogenen u. verostetene Blechring in einem ausgeschlagenen Aluminiumdeckel wäre diese Abdichtfunktion nicht mehr zu erwarten. Nach etwas Suche im Repertoire der heutigen Wellendichtringhersteller sind wir auf einen Ring gestoßen der uns nach etwas Umbau eine gute Abdichtfunktion sicherstellen sollte.
der Blechring wurde entfernt
da das Schwungrad nicht über den äusseren Zapfendurchmesser zentriert wird, konnten wir den Zapfen ohne Bedenken auf das notwendige Wellenmaß für den neuen Dichtring schleifen
der Gehäusedeckel mußte jetzt nur noch auf den Aussendurchmesser des Wellendichtrings ausgedreht werden und der Ring eingepreßt werden.
Blechring auf dem hinteren Kurbelwellenzapfen ( Schwungradaufnahme )
Bestandteile der ursprünglichen Abdichtung
der hintere Zapfen wird auf Maß geschliffen
der Gehäusedeckel wird ausgedreht
der Dichtring sitz fest im alten Abschlußdeckel
die Abdichtung am Motor montiert
vordere Kurbelwellenabdichtung
in ähnlicher Weise wie am hinteren Kurbelwellenende wurde auch die Vorderseite umgebaut. Wir verwendeten einen Wellendichtring, bei dem wir möglichst wenig aus dem Deckel ausfräsen mußten und am vorderen Zapfen des Schwingungsdämpfers abdrehen mußten. Alles war perfekt aufeinander abgestimmt und wir hatten eine standfeste, einfach zu handhabende Wellenabdichtung.
Stirndeckel vor der Bearbeitung
Auf Maß gedrehter Zapfen der Riemscheibe/Schwingungsdämpfer
Stirndeckel mit eingepresstem Wellendichtring
die Nockenwelle und ihr Umfeld:
der Zahn der Zeit hat die Nockenwelle samt des ganzen Umfeldes stark gebeutelt. Die Nocken sind verschlissen, die Lagerstellen zeigen deutliche Verschleißspuren, die Lager im Gehäuse sind bis zur Unkenntlichkeit beschädigt, die Stößel sind eingelaufen….. Alles mußte von Grund auf neu aufgebaut werden.
die Lagerstellen der Nockenwelle wurden geschliffen
die Nockenwellenlager wurden aus dem Gehäuse entfenrt
nach Muster der alten Lager und entsprechend der Maße der geschliffenen Lagerstellen wurden neue Lager angefertigt und in das Gehäuse eingepreßt.
um eine 100{20de0094b84ab31f15d8e893bd427a4a876ff73c91e9d8d921ea99031f098016} Fluchtung der Lagerstellen zu gewährleisten, wurden die Lagerstellen auf dem Horizontalbohrwerk auf Fertigmaß gebohrt
alle Nocken der Welle wurden geschliffen
die Stößel wurden geplant und samt Nockenwelle zum Verschleißschutz nitriert
stark beschädigte Nocken
Nockenwellenlagerstelle
alte Nockenwellenlagerbüchse im Motorblock
Anfertigung Nockenwellenlager
alte u. neue Nockenwellenlager
eingepreßtes Nockenwellenlager
eingeschlagener Stößel
geschliffene Nockenwelle
Nockenwelle mit geschliffenen Lagerstellen und Nocken vor dem Härten
Anbauteile
Wasserpumpe:
Dieses wichtige Bauteil bereitete uns besondere Kopfschmerzen. Alle Aluminiumteile des Wasserkreislaufs waren bis zum endgültigen Zerfall zerfressen. Die Lagerung war in furchtbarem Zustand. Die Kugellager waren mit dünnem Kupferblech umwickelt um das überhöhte Lagerspiel zu überbrücken. Der Gußkörper war auch durch Korrosion stark angegriffen.
die Aluminiumteile mußten überwiegend reproduziert werden. Nur wenige Teile konnten durch Aufschweißen gerettet werden
mit Hilfe von angefertigten Büchsen und Umrüstung auf andere Lager konnten wir die Lagerung retten.
Dichtflächen am Gußgehäuse mußten plangefräst werden
Wasserpumpe im Anlieferungszustand
Wasserpumpe im Anlieferungszustand
„aufgelöster“ Wasserstutzen u. seine Rekonstruktion
„aufgelöster“ Wasserstutzen u. seine Rekonstruktion
Wasserstutzen oben zerfressen
Wasserstutzen vorne
Kugellager mit Kupferblech umwickelt
das alte Lager u. das Alternativlager mit Aussenring
eingesetztes Lager im Pumpengehäuse
planfräsen der Gehäusedichtflächen
fertige Pumpe von vorne
fertige Pumpe
Montage
Nach langwieriger Reparatur bzw. Neuanfertigung der Bauteile geht es jetzt an die Montage:
Kolben und Pleuel liegen bereit zur Montage
eingebaute Kurbelwelle mit Pleueln u. Kolben
jetzt ist der beste Zeitpunkt um die Steuerzeit präzise einzustellen
Zylinderkopf, Wasserpumpe, Steuerdeckel u. Ölwanne ist montiert
Krümmer mit Saugrohr und Vergaser ist angebaut
der Motor ist auf dem Prüfständer aufgebaut
Endkontrolle
Der Motor ist komplettiert und auf unserem Prüständer mit einem Kühler verbunden.
Ohne Zündung und Kraftstoff wird zuerst mit Anlasserdrehzahl der Öldruck überprüft. Nachdem sich bei Anlasserdrehzahl schon ein Öldruck von fast 2 Bar einstellte und die Kipphebelwelle auch gut mit Öl versorgt wurde, starteten wir den Motor.